Rammstein und Mike Oldfield

Als der Vorverkauf der Karten für das Rammstein-Konzert 2019 in Rostock Gesprächsthema unter Kollegen wurde, erinnerte ich mich an eine Buchlesung vor 29 Jahren.

In meinen Bücherregalen gibt es eine Reihe mit signierten Büchern. Ich habe das kleine schmale Buch „Mike Oldfield im Schaukelstuhl – Notizen eines Vaters“ von Werner Lindemann, damals ein bekannter und beliebter Kinderbuchautor in der DDR, gleich gefunden und nochmal gelesen.

Werner Lindemann schrieb seine Gedanken über die gemeinsame Zeit mit seinem 19 Jahre alten Sohn, der 9 Monate mit ihm alleine unter einem Dach lebte, auf. In dem Buch heißt der junge Mann Timm. Es handelt sich um Till Lindemann, Frontmann der heute weltbekannten Band Rammstein.

Als ich das Buch vor 29 gelesen hatte, waren für mich die kritischen Anmerkungen über die restriktiven gesellschaftlichen Verhältnisse in der DDR bemerkenswert, was die Autoren damals eher zwischen den Zeilen zum Ausdruck brachten als direkt zu benennen.

Nachdem ich das Buch fast 30 Jahre später erneut gelesen habe, fällt mir vor allem das Nachdenken des Vaters über seinen Sohn auf.

Der Vater erwartet beispielsweise, dass sein Sohn Behördengänge sofort erledigt. Der Sohn aber findet es wichtiger nach einem anstrengenden Ausbildungstag nichts zu tun. Oder der Musikgeschmack des Vaters entspricht naturgemäß nicht dem des Sohnes. Immerhin hört sich der Vater aus der Plattensammlung seines Sohnes „Mike Oldfield“ an und ist überrascht, dass er diese Musik ganz gut findet. Werner Lindemann fragt sich, warum sein Sohn in unterschiedlichen Situationen nicht handelt wie er es tun würde. Dazwischen schiebt er Erinnerungen aus seiner Kindheit und Jugend ein und stellt fest, dass es ähnliche Differenzen zwischen seinen Eltern und ihm als Sohn gab. So relativiert sich die Spannung zwischen der älteren und jüngeren Generation. Und die Lesenden spüren, dass der Vater doch nicht so streng über seinen Sohn denkt, vielmehr sind diese Notizen eine Bewältigung des Konfliktes zwischen Vater und Sohn.

Werner Lindemann starb 1993 und hat nicht mehr den grandiosen Welterfolg seines heute berühmten Sohnes miterlebt. Das poetisch lyrische Talent seines Sohnes erahnte er aber schon als Till Lindemann erst 9 Jahre alt war, denn schon damals schrieb sein Sohn kleine Gedichte.


Eine Wiederauflage von
Bild: ik
Im Jahr 2006 widmet der Sohn dem Vater mit dem folgenden Gedicht:
                                   
DAS LEBEN SPANNT KEIN SEIL VOM SOHN ZUM VATER
SIE MÜSSEN SCHWIMMEN
IM FLUSS DER ZEIT
SIND SO VIELE ERTRUNKEN
ES WAREN ZWEI KÖNIGSKINDER
(Till Lindemann)
                                           AK

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