Weißes Papier

Oder, besser gesagt, leerer Bildschirm. Ich ordne also meine Gedanken in der Hoffnung, dass sie nicht mehr abschweifen, sondern sich gefälligst auf ein Thema konzentrieren mögen. Mögen sie aber nicht und ich bin unzufrieden.

Wie schnell so etwas doch geht. Und überhaupt – “zufrieden“ sein: Zufriedenheit hat keinen guten Ruf, muss an den Katzentisch und gilt als Stiefschwester des Glücks, bestenfalls also Schulnote 3. Dabei ist es ein wunderbarer Zustand, am Ende eines Tages festzustellen zu können, dass alles eigentlich ganz gut gelaufen ist. Genug jedenfalls, um zufrieden zu sein.

Das heißt aber nicht, allzeit gefällig im Sessel zu fläzen und sich zu attestieren, dass alles in bester Ordnung sei. Zweifelsohne gibt es da eine Menge auf diesem Planeten, mit dem man nur unzufrieden sein kann und natürlich ist es auch erlaubt, sich, ab und an,  über andere zu mokieren oder über sich selbst zu ärgern. 

Quelle: droemer-knauer Verlag


Unserer Gesundheit täte es jedoch unbestritten besser, tadelnde Vorwurfsmentalität und nagende Selbstkritik zu unterlassen und einfach mal zufrieden zu sein. Dazu gehört allerdings auch, schlechter Laune, Misserfolgen und unliebsamen Entscheidungen in seinem Leben eine Daseinsberechtigung zu geben und nicht immer und alles kommentieren zu müssen.





Ich bin zufrieden. Das Papier ist nicht mehr weiß…

A propos - “Weißes Papier“: Eine (von mir sehr geschätzte) Musikgruppe hat im Oktober ihr neues Album herausgegeben.  ELEMENT OF CRIME ist sich mit dieser Platte, meiner Meinung nach, stilistisch hervorragend treu geblieben. Melancholische Poesie, schnoddriger Gesang und gesellige Bläsersätze.

Bei uns zu haben


Danke Männer. Frontmann Sven Regener wagt sogar noch ein kleines „Stadtmarketing“, denn gleich mehrere Songs durchstreifen Berlin. Ob nun mit oder ohne Bezug zur bundesdeutschen Hauptstadt, hörenswert ist “Schafe, Monster und Mäuse“ allemal.   

J.S.

Rammstein und Mike Oldfield

Als der Vorverkauf der Karten für das Rammstein-Konzert 2019 in Rostock Gesprächsthema unter Kollegen wurde, erinnerte ich mich an eine Buchlesung vor 29 Jahren.

In meinen Bücherregalen gibt es eine Reihe mit signierten Büchern. Ich habe das kleine schmale Buch „Mike Oldfield im Schaukelstuhl – Notizen eines Vaters“ von Werner Lindemann, damals ein bekannter und beliebter Kinderbuchautor in der DDR, gleich gefunden und nochmal gelesen.

Werner Lindemann schrieb seine Gedanken über die gemeinsame Zeit mit seinem 19 Jahre alten Sohn, der 9 Monate mit ihm alleine unter einem Dach lebte, auf. In dem Buch heißt der junge Mann Timm. Es handelt sich um Till Lindemann, Frontmann der heute weltbekannten Band Rammstein.

Als ich das Buch vor 29 gelesen hatte, waren für mich die kritischen Anmerkungen über die restriktiven gesellschaftlichen Verhältnisse in der DDR bemerkenswert, was die Autoren damals eher zwischen den Zeilen zum Ausdruck brachten als direkt zu benennen.

Nachdem ich das Buch fast 30 Jahre später erneut gelesen habe, fällt mir vor allem das Nachdenken des Vaters über seinen Sohn auf.

Der Vater erwartet beispielsweise, dass sein Sohn Behördengänge sofort erledigt. Der Sohn aber findet es wichtiger nach einem anstrengenden Ausbildungstag nichts zu tun. Oder der Musikgeschmack des Vaters entspricht naturgemäß nicht dem des Sohnes. Immerhin hört sich der Vater aus der Plattensammlung seines Sohnes „Mike Oldfield“ an und ist überrascht, dass er diese Musik ganz gut findet. Werner Lindemann fragt sich, warum sein Sohn in unterschiedlichen Situationen nicht handelt wie er es tun würde. Dazwischen schiebt er Erinnerungen aus seiner Kindheit und Jugend ein und stellt fest, dass es ähnliche Differenzen zwischen seinen Eltern und ihm als Sohn gab. So relativiert sich die Spannung zwischen der älteren und jüngeren Generation. Und die Lesenden spüren, dass der Vater doch nicht so streng über seinen Sohn denkt, vielmehr sind diese Notizen eine Bewältigung des Konfliktes zwischen Vater und Sohn.

Werner Lindemann starb 1993 und hat nicht mehr den grandiosen Welterfolg seines heute berühmten Sohnes miterlebt. Das poetisch lyrische Talent seines Sohnes erahnte er aber schon als Till Lindemann erst 9 Jahre alt war, denn schon damals schrieb sein Sohn kleine Gedichte.


Eine Wiederauflage von
Bild: ik
Im Jahr 2006 widmet der Sohn dem Vater mit dem folgenden Gedicht:
                                   
DAS LEBEN SPANNT KEIN SEIL VOM SOHN ZUM VATER
SIE MÜSSEN SCHWIMMEN
IM FLUSS DER ZEIT
SIND SO VIELE ERTRUNKEN
ES WAREN ZWEI KÖNIGSKINDER
(Till Lindemann)
                                           AK

Was mich zuletzt beeindruckt hat

In diesem Blog soll es ja um Medientipps gehen und so bin ich im Geiste mal durchgegangen, was ich in letzter Zeit so gelesen habe. Was könnte ich davon empfehlen und was eher nicht?
Ein Sachbuch, das ich mir von allein gar nicht ausgesucht hätte, das mir aber empfohlen wurde, habe ich mit Begeisterung und Interesse gelesen.
Der britische Journalist und Autor Thomas Harding, Nachkomme jüdischer Emigranten, erzählt in dem Buch "Sommerhaus am See" die wechselvolle Geschichte eines Gartenhauses am Glienicker See nahe Berlin von der Errichtung 1927 bis heute. Erbaut hat es Thomas Hardings Großvater, der jüdische Arzt Alfred Alexander. 
Als die Nazis an die Macht kamen, flohen die Alexanders 1936 nach London, ein Teil der Familie wurde jedoch von den Nazis ermordet. Das Gartenhaus kam anschließend in die Hände der Komponisten Will Meisel und seiner Frau. Nach dem Krieg wurden Flüchtlinge dort einquartiert und in dem kleinen Haus lebten bis zu 10 Menschen. All das hat Thomas Harding jetzt aufgeschrieben, ebenso wie die Geschichte des Hauses in der DDR und nach der Wende. Das Buch  liest sich spannend wie ein historischer Roman, denn natürlich sind es die Menschen und ihre Schicksale, die uns begegnen und beeindrucken. Die Geschichte dieses Hauses in weniger als 100 Jahren ist so stellvertretend für die deutsche Geschichte in dieser Zeit, dass es als Lehrbuch für den Geschichtsunterricht einsetzbar wäre.
Bild: dtv

Wenn Sie das Buch ausleihen möchten, schauen Sie hier.

RK

An Hans

Lieber Hans, wir müssen reden…
Naaaaaants ingonyama bagithi baba!
(Bildquelle)
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Ich weiß es sehr zu schätzen, dass du dich seit so vielen Jahren um mich kümmerst. In schönen, wie auch traurigen Momenten, warst du stets an meiner Seite. Wir haben so viel miteinander erlebt. Gerne denke ich an all die unvergesslichen Augenblicke zurück:
Als ich vor 24 Jahren als unbedarftes Kind das erste Mal im Kino war, warst du dabei. Was habe ich geheult als Mufasa starb…
Als rebellischer Jugendlicher habe ich mit dir gemeinsam Maximus’ heroischen Kampf und die tragische Wiedervereinigung mit seiner Familie begleitet.
Als nerdiger Erwachsener bin ich mit dir zusammen ins düstere Gotham abgetaucht, um einen jungen, talentierten Schauspieler auf dem Höhe- und Endpunkt seines Schaffens zu bewundern.

Ach und dann war da noch dieser herrlich, schräge Moment, als ich feststellte, dass du in dem Musikvideo mitspielst, mit dem MTV 1981 sein Fernsehprogramm startete.
Natürlich stehst du darin am Synthesizer, wie könnte es anders sein…
Und das, lieber Hans, das ist das Problem…
Du weißt, ich mag dich sehr. Aber…
…man könnte in dem Fall auch sagen: „Synthesizer Killed the Orchestra“.

Je älter ich werde, umso mehr lerne ich die Klänge schätzen, die aus echten Instrumenten ertönen und nicht einem Computer entspringen.
Bei dir, Hans, hört sich immer alles so perfekt, so sauber, so durchstrukturiert an. 
Ja du erschaffst einen bombastischen Kinosound, wie zuletzt in Interstellar, Dunkirk oder Blade Runner 2049, aber er ist eben auch typisch deutsch: kühl, distanziert, perfektionistisch.
Für den besten Sound: Vinyl (Bildquelle)

Ennio hingegen…
Ennio ist voller Emotion, voller Leidenschaft, voller Hingabe. Typisch italienisch eben.
Auch ihn kenne ich schon seit Kindheitstagen.
Meine Eltern besaßen diese Schallplatte mit Westernmelodien.
Ich hörte sie gerne und oft.
Doch plötzlich verlor ich ihn aus den Augen.
Erst vor einigen Jahren habe ich Ennio wiederentdeckt und mich sofort in ihn verliebt.

Seine Musik ist mal schnarrig und dreckig (Spiel mir das Lied vom Tod - YouTube),
mal beschwingt und verspielt (Mein Name ist Nobody - YouTube),
mal tragend und einfühlsam (Es war einmal in Amerika - YouTube),
mal einsilbig und erwartungsvoll (Tepepa - YouTube),
mal träumerisch und verzaubernd (Cinema Paradiso - YouTube),
mal bestimmt durch kräftige Solo und Chorstimmen (Zwei glorreiche Halunken - YouTube)
und mal ist sie so ziemlich das einzig Gute an einem Film (Red Sonja - YouTube).


Pssssst! Maestro spielt... (Bildquelle)
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Für das gewisse Etwas arbeitet er auch schon mal mit Maultrommeln oder Peitschen aber nie mit Computertechnik. Auf die Frage, was er von dieser halte meint er nur:

Nichts. Ich schreibe meine Musik auf Papier. Es mag Musiker geben, die mit Computern interessante Effekte erzeugen. Aber in der Regel werden diese Geräte viel zu oft von Dilettanten missbraucht. Anstatt in ein gutes Orchester mit sechzig oder siebzig Musikern zu investieren, beschränken sich viele Produzenten auf Computerklänge. Wem das reicht, dem ist nicht zu helfen.“ (Quelle: „Zeit“)


Hans, du wirst immer ein guter Freund für mich sein. Doch mein Herz gehört einem anderen!
Dein S.

Oscarprämiert! (Bildquelle)
Kommenden Samstag wird Maestro Morricone 90 Jahre alt.

Innerhalb von 60 Jahren komponierte er Musik für über 500 Film- und Fernsehproduktionen.
2016 bekam er (viel zu spät!) einen Oscar für die Beste Filmmusik.

Mit seiner „Farewell Tour“ verabschiedet er sich derzeit von den internationalen Bühnen.
Am 21. Januar 2019 wird er auch in Deutschland das letzte Mal den Taktstock schwingen.

Hans Zimmer äußerte einmal in einem Interview:
„Ich denke, solang Ennio am Leben ist und es ihm gut geht, ist auch die Filmmusik lebendig und wohlauf. (Quelle: „Gramophone“)


Neben Werken von Ennio Morricone und Hans Zimmer
finden Sie bei uns natürlich eine Vielzahl weiterer Soundtracks!

Und wer wissen möchte,
wie Exil-Deutsche in den 1930er Jahren die Hollywood-Musik erfanden,
der sollte sich dieses Buch von Daniel Hope anschauen.

SeSa