In
der letzten Woche (am 04. September 2024) fand das vierte Lesecafé in diesem
Jahr in unserer Stadtteilbibliothek in Groß Klein statt.
Auch
dieses Mal wurde wieder eine interessante Mischung zusammengetragen, die
wir Ihnen an dieser Stelle gern vorstellen möchten:
Bernstein, Lilly: Sturmmädchen
Bild: Ullstein Verlag |
Elli lebt mit ihrer Mutter in einem alten Bachhäuschen auf einem Bauernhof. Käthe ist sehr angetan von den Nazis. Sie engagiert sich bei den nationalsozialistischen Frauen und bricht jeden Kontakt zu Margot ab.
Da sich früher beide Freundinnen rührend um Elli kümmerten, die mit einem verkümmerten Fuß als Hinkemädchen nicht immer folgen kann, fühlt sich diese nun Margot verpflichtet zu helfen. Sie und ihre Familie wurden in einem Judenhaus untergebracht, wo sie unter sehr engen Bedingungen hausten, schlechtes Essen erhielten und jeden Tag bis zum Umfallen arbeiten mussten.
Letztendlich wird das Freundschaftsband der drei jungen Mädchen Elli, Margot und Käthe durch die Gräueltaten der Nazis zerrissen. Doch während sich Käthe den Nazis zu wendet, erfährt Margot und ihre Familie unfassbares Leid und nur Elli versucht ihrer jüdischen Freundin Margot bei zu stehen...
Westermann, Christine: Die Familien der anderen
Bild: KiWi |
Ähnlich wie bei Frau Heidenreich in „Hier geht´s lang“, ist auch dieses eine Bücherbiografie. Frau Heidenreich kommt auch nebenbei vor, die sie nur immer „Die Schöne“ nannte, was Christine Westermann klein machte, sie fühlte sich nur auf ihr Aussehen reduziert. Dabei hat sie das nicht nötig, denn es zeichnet Christine Westermann aus, dass sie sich nie herausnahm andere klein zu machen und interessant fand ich auch ihr Verhältnis zu ihrem Vater, der sehr viel älter als die Mutter und sehr belesen war und sie war traurig darüber zu wenig Zeit und niemals Erwachsenenzeit mit ihm verbringen zu können. Ihr Vater war 60 als er ihre Mutter mit 21 kennenlernte, als sie 13 war starb ihr Vater und die Beziehung die so innig war, wurde gekappt.
Ihr Vater war in Erfurt der Theaterdirektor, doch kam er mit der sozialistischen Staatsführung nicht so klar, 1953 floh er in den Westen nur mit einer Aktentasche nach Mannheim. Die Familie folgte ein wenig später, viel mitnehmen konnte man nicht, denn man durfte nicht auffallen. Freunde brachten immer mal Bücher aus seinem eigenen Bestand zu Besuchen mit, so dass Christine so einige Bücher des Vaters mit Bemerkungen an der Seite in seiner schönen Sütterlin Schrift hat. Nur an den dicken Zauberberg traute sie sich lange nicht ran und lässt uns hier in ihrer Biografie nun daran teilhaben.
Winkelmann, Andreas: Hast du Zeit?
Bild: rororo |
Was haben eine Bestatterin, eine Krankenschwester, eine Schornsteinfegerin, ein Paketfahrer und ein Busfahrer gemeinsam? Weshalb sind sie spurlos verschwunden?
Auf der Suche nach der Antwort kommen Lilly und Lars Erik dem Täter gefährlich nahe. Zwischendurch kommt auch der unbekannte Täter zu Wort. Er schildert, dass er seine Opfer auf einer Liste notiert hat. Er ist überzeugt, dass sie alle ihm Zeit gestohlen haben und dafür bestraft werden müssen. Der Autor legt verschiedene Fährten, die er am Ende gekonnt zusammenführt. Wie immer überzeugt Andreas Winkelmann von der ersten Seite an durch atemlose Spannung. Ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen.
Winkler, Yvonne: Ärztin einer neuen Ära
Hermine Heusler-Edenhuizen – Sie kämpfte für das Wohl werdender Mütter und für ihre große Liebe
Bild: Piper |
Hermine Edenhuizen war mir nicht bekannt, nach der Lektüre war ich begeistert von ihrem Leben.
Als erste zugelassene Frauenärztin geht sie ihren Weg
Dieses Buch wollte ich unbedingt lesen, nachdem ich den Klappentext gelesen habe. Eine junge Frau, die unbedingt Abitur machen und studieren möchte, in einer Zeit, wo das praktisch nicht möglich war. Und trotzdem ist Hermine diesen steinigen Weg gegangen und hat es am Ende geschafft. Es ist wirklich unglaublich zu lesen, was sie alles aushalten musste, um ihr Ziel zu erreichen. Und dann verliebt sie sich auch noch in einen verheirateten Mann und tut alles, damit sie keine Ehe zerstört. Doch Dr. Otto Heusler ist ihr genauso verfallen, wie Hermine ihm. Sich in der damaligen Zeit scheiden zu lassen, ist wirklich ein Gewaltakt gewesen und man wurde als Frau verpönt, weil man einer anderen Frau den Mann weggenommen hat. Dabei hat Hermine eigentlich gar nichts getan, sondern sich gegen ihre Gefühle gewehrt.
Der Lebensweg von Frau Dr. Hermine Heusler-Edenhuizen hat mich wirklich fasziniert, es ist alles zwar etwas nüchtern erzählt, aber es zeigt auch sehr gut auf wie stark diese Frau war, die sich auch für die Frauenrechte in der damaligen Zeit eingesetzt hat. Wäre sie nicht gewesen würden wir vermutlich noch nicht dastehen wo wir heute sind. Schon faszinierend! Richtig gut haben mir auch die Fallbeispiele über Patientinnen gefallen von denen hier berichtet wurde. Auch die relativ kurzen Kapitel animieren einen ständig weiterlesen zu wollen.
Ich werde diese interessante Frau nicht so schnell vergessen und werde auch noch nachhaltig lange davon beeindruckt bleiben.
Wolf, Klaus-Peter: Der Verdacht
(Ein mörderisches Paar; 2)
Bild: Fischer Taschenbuch Verlag |
Der 2. Teil von "Ein mörderisches Paar" ist da.
Im 1. Teil in dem Dr. Sommerfeldt wieder auftauchte, mit Frauke, der Mietfrau aus „Rupert Undercover“, stirbt ein 13-jähriger Schüler an einer Überdosis Heroin. Sein Dealer wird vor Gericht freigesprochen. Dr. Bernhard Sommerfeldt, Besitzer der Privatklinik hinterm Deich, entschließt sich, den Drogenboss an der Spitze und sein ganzes Syndikat zu eliminieren ....
Die Belohnung lockt so einige an, zum Beispiel zwei Schwestern Semanta und Claudia, die auch Jagd auf Sommerfeldt machen, denn sie wollen die 10 Mio. Euro. Auch der Profikiller Johann Baptist Reichhardt, der Sommerfeldt ebenfalls erledigen will, der hat auch den Kopfgeldauftrag vom Drogenboss.
Ich empfehle, vorab die Sommerfeldt-Trilogie und den 1. Band der Trilogie "Ein mörderisches Paar" („Das Versprechen") zu lesen, weil die Handlung sich über die Bände hinweg fortsetzt. Die Sommerfeldt-Krimis hängen außerdem lose mit den Ostfriesenkrimis zusammen, denn es treten teils dieselben Personen auf, z.B. Kommissarin Ann Kathrin Klaasen und ihre Kollegen. Die Ostfrieslandkrimis muss man aber nicht zwingend gelesen haben, um die Sommerfeldtkrimis verstehen zu können.
Dieser Band bot - wie von den Sommerfeldtkrimis gewohnt - wieder ein herrliches Lesevergnügen. Die Handlung ist wendungsreich und immer wieder wird man überrascht. Auch die mitwirkenden Personen sind fast immer irgendwie sympathisch, besonders Dr. Bernhard Sommerfeldt, man kann gar nicht anders, als ihm viel Erfolg bei seinem Versteckspiel vor der Polizei und den Profikillern zu wünschen.
Willmann, Frank: Der Pate von Neuruppin
- Vom Imbisswagen zum Drogenimperium -
Bild: Tropen |
Da die Mitglieder der Bande ein XY im Autokennzeichen haben werden sie dann als die XY-Bande bezeichnet. Das alles ging 14 Jahre gut und dann 2004 erfolgte die Verhaftung und der Prozess begann.
Alles geschah nicht in Palermo, sondern in der brandenburgischen Provinz, in Neuruppin.
Kolvenbach, Katharina und Batram, Nina: Früher war mehr Verbrechen
- Historische Kriminalfälle aus dem erfolgreichen Podcas -
Bild: Droemer |
Fälle von Kannibalismus, Hexenverfolgung, Mord und Serienmord. Bekannte Fälle und Täter, wie zum Beispiel Jack the Ripper oder ein Fall, der Tod von Hazel Drew, der die Inspiration für die berühmte Fernsehserie aus 1990 „Twin Peaks“ lieferte.
Auch der Fall Grete Beier ist etwas Besonderes, es war die letzte Vollstreckung eines Todesurteils an einer Frau in Sachsen.
Die dargestellten Fälle gehen rund um die Welt, von Amerika über Europa bis nach Australien.
Geiger, Arno: Reise nach Laredo (demnächst im Bestand)
Bild: Hanser |
Als sein 11jähriger unehelicher Sohn Geronimo, der in der Nähe bei einer anderen Familie untergebracht ist und nichts über seine Herkunft weiß, vorlaut über die Hecke klettert und ohne Berührungsängste beginnt, den Alten zu befragen, bekommt die Geschichte Flügel.
Die Beiden fliehen bei Nacht, auf geht‘s, auf Pferd und Maultier nach Laredo an die nordspanische Küste. Keine Logik, kein Warum – einfach der Geschichte folgen. Mitte des 16. Jahrhunderts zu reisen, als normaler Mensch und nicht als Kaiser oder König, ist beschwerlich. Hygiene, Versorgung, Tempo, Sicherheit. Vergesst es. Karl und Geronimo treffen auf Honza und Angelita, die beiden jungen Leute, auch fast noch Kinder, sind Cagots, Ausgestoßene, die an ihrer Kleidung einen Enten- oder Gänsefuß tragen müssen. Sie haben einen Wagen, von Maultieren gezogen, sind Fuhrleute.
Endlich kann Karl seine gichtigen Glieder vom Maultier hieven. Das Leben ist gefährlich, ärmlich, und der Mensch ist der Natur und dem göttlichen Willen vollständig ausgesetzt. Aufklärerische Ansätze, Reformation oder gar Gegenreformation sind in die nordspanische Pampa noch nicht geraten. Es gilt das Gesetz des Stärkeren, das harte Leben, der Dreck, die Armut werden mit Alkohol und Glücksspiel betäubt – und für Karl gibt es manchmal auch ein Schlückchen Laudanum.
Karl lebt auf Knien vor seinem Gott. Er kämpft mit Fragen, die durch seinen verwirrten Kopf flattern. Er verurteilt sich, er hinterfragt sich und seinen Gott, er zweifelt. Aber - er erlebt Momente der Ruhe, Freude und Gelassenheit, kommt in flüchtigen Momenten im wahrsten Sinne zu sich selbst.
„Das Leben – es ist ein Taumel. Amen.“
Erpenbeck, Jenny: Kairos
Ausgezeichnet mit dem International Booker Prize 2024
Bild: Penguin Verlag |
Die Liebe in Zeiten der Auflösung
Ostberlin, 1986. Zufällig stoßen die 19-jährige Katharina und Hans im Bus aufeinander.
Hans ist 34 Jahre älter und lange verheiratet. Zwischen den beiden entbrennt eine intensive Beziehung, die durch das ständige Heimlichgetue einen großen Reiz entwickelt und komplett überhitzt, geradezu hysterisch wird. Wenn sie gemeinsame Zeit haben, sprechen die beiden über Musik und Literatur, sie wird sein Geschöpf.
Sie macht ein Praktikum am Stadttheater Frankfurt/Oder. Manchmal fährt sie für einen einzigen Abend oder eine einzige Nacht nach Berlin, zu ihm. Und doch passiert es. Auf der Probebühne erwischt sie ein One Night Stand. Vadim ist der Verführer. Katharina beichtet stante pede in Berlin. Lässt sich die Haare auf 2mm abrasieren. Die Sünderin.
Knack.
Hans eröffnet eine Sequenz physischer und psychischer Gewalt, Machtmissbrauch und Bestrafung. Er kann ihr nicht verzeihen. Er will ihr nicht verzeihen. Die Sache ist über den Kipppunkt, längst toxisch. Die Reitpeitsche, zu seinem Vergnügen angeschafft, wird zum Folterinstrument. Sie ist am Boden zerstört, was, wenn er sie nun verlässt?
Das nächste Lesecafé findet am Mittwoch, den 04. Dezember 2024 um 15:00 Uhr in unserer Stadtteilbibliothek in Groß Klein statt.
Wir freuen uns auf Ihren Besuch!
AS, US & MB
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