Nur eine Stunde Ruhe!

Hören Sie gerne Musik?
Hören Sie regelmäßig Musik?
Aber genießen Sie auch Musik?

Bild: Buena Vista Social Club
Während wir am Frühstückstisch darum kämpfen wach zu bleiben und gedanklich den Tagesablauf durchgehen, legt DJ-Spotify nebenher auf unserem Smartphone auf.
Im Auto auf der Urlaubsfahrt konkurrieren CD-Player, Asphaltsoundkulisse und der Nachwuchs auf der Rückbank um den höchsten Dezibelwert.
Jede gut sortierte Werkstatt braucht neben der Steckdose für Schleifmaschine und Kreissäge auch einen Anschluss für das farbbeschmadderte Radio mit Oldschool-Kassettendeck.
Das Hintergrundgedudel des wiederauflebenden Schallplattenspielers, sorgt auf jeder Hausparty für eine angenehme Gesprächsatmosphäre und überspielt notfalls peinliche Momente des Schweigens.

Aber wann haben wir uns das letzte Mal Zeit genommen, um in aller Ruhe, ganz bewusst, Musik zu hör… Verzeihung… zu genießen?
Im Alltag mitunter ein schwieriges Unterfangen!

Bild: Universum Film

Genau dieses Problem wird übrigens wunderbar in der französischen Komödie „Nur eine Stunde Ruhe“ dargestellt.
Christian Clavier, der einen Jazzliebhaber mimt, entdeckt im Plattenladen ein Album, nach dem er seit Jahren vergeblich gesucht hatte. Zuhause angekommen möchte er es sich natürlich sofort zu Gemüte führen, denn „...an dem Tag, an dem ich mir das in Ruhe anhören kann, bin ich ein glücklicher Mensch!“
Doch leider macht ihm das Schicksal in Form von Ehefrau, Sohnemann, Geliebter, Putzfrau, Handwerkern und Nachbarn und deren Animositäten einen dicken Strich durch die Rechnung.


Bild: Allmusic
Jetzt mögen Sie einwerfen: „Für das besondere Musikerlebnis geht man sowieso ins Konzert!“

Stimmt, ist aber nur die halbe Wahrheit.
Während die Musik unsterblich ist, sind es die Künstler leider nicht:
Au revoir France Gall!
Außerdem können einem die Mitmenschen gerade auf einem Konzert aus diversen Gründen den letzten Nerv rauben.
Mal ganz abgesehen davon, dass man sich die Tickets auch erst einmal leisten muss!
Wenn sie nicht sowieso schon innerhalb kürzester Zeit vergriffen sind, weil es sich um Größen wie Rolling Stones oder „The Boss“ handelt.

Bild: Mute Records
Apropos ältere Musiker: Wenn wir uns schon Zeit für Musik nehmen, dann auch gerne mal wieder für die eingestaubten Scheiben!
Mit fortschreitendem Alter setzt man mitunter neue Akzente, verbindet die bekannten Lieder mit neuen Erfahrungen. Der geliebte Hit mag eventuell zur beschämenden Jugendsünde werden, aber vielleicht wird ja das merkwürdige Lied Nr. 9, bei dem man sonst immer „Skip“ gedrückt hat, zur neuen Offenbarung?!
Neuentdecken! Und Wiederentdecken!
Denn im Laufe der Zeit mögen wir die eine oder andere Song-Perle nämlich auch einfach vergessen haben.


Mein aktueller, musikalischer Ausflug in die Vergangenheit liest sich ungefähr so:
„Habediehre“ mit LaBrassBanda über die Autobahn zu Natalie fahren.
Drücke einfach „Play“ und lausche dem Natural Blues von Moby, der sich fragt "Why Does My Heart Feels So Bad?".
Denke mir: „Mensch“, was ein Glück, dass Der Weg als Rostocker nicht so weit Zum Meer ist, wie für Herbert Grönemeyer.
Treffe mich im „Buena Vista Social Club“ erneut mit dem Kubaner Chan Chan.
Wippe mit dem Fuß, weil mir Django Reinhardts „Swing Guitars“ einen Minor Swing versetzten.

Bild:: Allmusic
Bild: LaBrassBanda
Musik unterhält und muntert auf. Sie regt die Kreativität an und lässt uns tanzen. Sie lädt zum Verweilen und Träumen ein. Wir täten ihr Unrecht sie immer nur häppchenweise, zwischen Tür und Angel zu konsumieren. Bitte gönnen wir ihr ab und an nur eine Stunde Ruhe!

SeSa

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen