Am Mittwoch, den 07.12.2022 fand wieder unser Lesecafé in unserer Stadtteilbibliothek in Groß Klein statt. Unsere Kollegin, Frau Stegmann hat sich durch viele Neuerscheinungen gelesen und präsentierte ihrem interessierten Publikum spannende Krimis, herzerwärmende Familiensaga und sogar eine Weihnachtsgeschichte.
Folgende Bücher haben es in das beliebte Lesecafé geschafft und wurden von Frau Stegmann ausführlich besprochen:
"Mrs Agatha Christie" von Marie Benedict:
Ein
weiterer Teil der Reihe "Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte".
Wer kennt sie nicht aus der klassischen Kriminalliteratur und den vielen
Verfilmungen - die Schriftstellerin Agatha Christie.
Die mysteriöse Geschichte um das elftägige Verschwinden
der weltberühmten Kriminalautorin bietet Benedict den Stoff für ihren Roman. Was
war passiert? Im Dezember 1926 wird Agatha Christie vermisst. Ermittler finden
ihr leeres Auto am Rande eines tiefen, düsteren Teichs, darin ihr Pelzmantel -
ungewöhnlich für eine eisige Nacht. Ihr Ehemann, ein Veteran des Ersten
Weltkriegs, und ihre Tochter wissen nicht, wo sie sich aufhält. In England
löst das eine beispiellose Fahndung nach der Krimiautorin aus. Elf Tage später
taucht sie wieder auf. Sie behauptet, an Amnesie gelitten zu haben und gibt
keine Erklärung für ihre Abwesenheit ab. Bis heute weiß niemand, was damals
geschah. Die verschollene Agatha Christie hält 1926 ganz England in Atem.
Mehrere Grafschaften haben an ihrer Suche teilgenommen.
Nach und nach verstand
ich, warum sie für 11 Tage verschwand. Da hatte sich die kleine
Krankenschwester zu einer der bekanntesten Schriftstellerinnen der englischen
Kriminalliteratur hochgearbeitet und der alte Kriegsveteran Colonel Archibald
Christie litt unter Agathas wachsendem Erfolg und ihrer damit einhergehenden
Emanzipierung. Die Autorin spannt ihre Handlung über den Zeitraum von 1912 bis
1926 und gibt dem Leser mit wechselnden Perspektiven sowohl einen guten
Einblick in Agathas Leben, als auch in das mit ihrem Ehemann Archibald
Christie. In der Rolle erzogen, als Ehefrau ihrem Mann jeden Wunsch von den
Lippen abzulesen, tut Agatha genau das und dabei muss sogar Tochter Rosalind
zurückstehen. Doch je erfolgreicher Agatha wird, umso mehr nabelt sie sich von
diesem Verhalten und ihrem Ehemann ab. Ihr plötzliches Verschwinden lässt die
Eheprobleme in einem besonderen Licht erscheinen und macht Archibald zum
Verdächtigen...
Die Autorin mischt erfolgreich Fiktion und Biografie.
Dabei kommt ihr die ausgezeichnete Recherche zugute, die der Geschichte das
gewisse Etwas gibt. Nach und nach verwebt Benedict die Fäden miteinander, um am
Ende eine Lösung zu präsentieren, die glaubwürdig ist.
"Das andere Mädchen" von Annie Ernaux:
Wer ist „Das andere Mädchen“?
Annie Ernaux schreibt über und an ihre mit sechs Jahren gestorbene Schwester, die
sie im Leben nicht kennengelernt hat. „Du warst schon immer tot“, schreibt sie
in ihrem „unechten Brief“ an die Tote. Denn „echte Briefe“ können sich nur die
Lebenden schicken.
Kindern traute man in den 50er
Jahren keine Ohren zu. So springt die 10jährigeAnnie an einem Augusttag neben
ihrer Mutter her und hört die Mutter zu einer Bekannten sagen, dass sie vor
Annie eine andere Tochter hatte, die mit 6 Jahren an Diphtherie gestorben ist.
„Über mich sagt sie, sie weiß von nichts, wir wollten sie nicht belasten und am
Schluss sagte sie, sie war viel lieber als die da. Das sind Sätze, die wie eine
kalte, lautlose Flamme über mein Kinderleben hinwegfuhren, während ich weiter
neben meiner Mutter herumsprang und mich drehte, mit gesenktem Kopf, um bloß
keine Aufmerksamkeit zu erregen“.
Ernaux schreibt genau und sparsam
Schlaglichter hin, weil Sparsamkeit Genauigkeit erfordert, und Genauigkeit
Sparsamkeit mit sich bringt, wie sie an einer Stelle sagt. Die Tatsache, dass
sie immer dachte, sie sei das Mädchen auf den spärlichen Fotos, obwohl es
anders aussieht als sie. Der Schulranzen, von dem sie glaubte, die Eltern
hätten ihn fürsorglich früh für sie gekauft. Nun wird ihr klar, dass er für die
Schwester gedacht war. Die Erkenntnis, was es mit dem neuen Wissen bedeutet,
wenn die ökonomisch immer kämpfenden Eltern stets betonen, dass sie nur ein
Kind hätten ernähren und aufziehen können. „Ich wurde geboren, weil du
gestorben warst, ich habe dich ersetzt.“ Annie Ernaux denkt über die Überfürsorglichkeit der Eltern
nach, und über ihren Schmerz, der sich an Annie vorbei bleiern auf die Familie
legte. „Ich mache ihnen keine Vorwürfe. Die Eltern eines toten Kindes können
nicht wissen, was ihr Schmerz mit dem lebenden Kind macht.“
„Das andere Mädchen“, 2011 auf
Französisch erschienen, kam ein paar Tage nach der Bekanntgabe des Nobelpreises
auf Deutsch heraus und war nach wenigen Stunden vergriffen. Ein so dünnes Buch,
dass unter die Haut geht mit einer Sprache, die von der kindlichen Annie bis
zur tiefgründig nachdenklichen erwachsenen Annie das gesamte Spektrum auf
wenigen Seiten bietet.
"Mutterherz" von Tess Gerritsen:
Detective
Jane Rizzoli beschäftigt sich gerade mit einem brutalen Mord an einer
Krankenschwester. Gerichtsmedizinerin Maura Isles vermutet, dass sie mit einem
Hammer erschlagen wurde und das in ihrem eigenen Zuhause. Aber auch Angela,
Janes Mutter, vermutet schlimme Geschehnisse in ihrer Nachbarschaft. Die
Tochter der Nachbarn soll nicht weggelaufen, sondern entführt worden sein, und
die neuen Nachbarn sind auch sonderbar, denn sie reden nicht mit Angela. Jane tut die
Warnungen der Hobby-Detektivin ab, nichts ahnend, dass an manchen Geschichten
doch etwas dran sein könnte. Die Geschichte wird aus drei Perspektiven
geschildert. Wie gewohnt kommen Jane und Maura zu Wort. Aber dieses Mal erhält
auch Angela, Janes Mutter viel Raum, schließlich ermittelt sie gerade und
stellt reichlich Verdächtiges in ihrer Nachbarschaft fest. Ich fand es toll,
dass dieses mal Angela so viel Beachtung bekam, zumal ich es sehr passend fand,
wie sie sich verhalten hat. Ich habe es der Figur abgenommen, dass sie sich als
Nachbarschaftswache aufspielt und der Meinung ist, durch ihre Polizistenfamilie
selbst ein Gespür für Verbrechen entwickelt zu haben. Der Fall an sich wird
relativ unspektakulär präsentiert, ist aber nicht so eindimensional, wie man
zunächst vermuten könnte. Viele Dinge laufen gegen Ende zusammen, alle Fragen
werden geklärt.
Ich bin
ein großer Fan von Tess Gerritsen, aber ihre letzten Bücher trafen oft nicht
mehr meinen Geschmack. „Das Schattenhaus“ war mir zu mystisch und „Die
Studentin“ nicht so spannend. Beide waren nicht aus der Isles & Rizzoli
Reihe, was aber nichts heißen muss, denn „Totenlied“ war auch nicht aus der
Reihe und war super. Dennoch habe ich mich gefreut, dass es nun wieder einen
Roman aus der Isles & Rizzoli Reihe gibt, denn diese liebe ich einfach.
"Stille Befreiung" von Petra Hammesfahr:
Mit
achtzehn will Sandra unbedingt der Bevormundung in ihrem Elternhaus entfliehen.
Ronnie scheint dafür genau der richtige Mann zu sein. Die Warnungen ihrer
Familie schlägt sie in den Wind, realisiert aber schon kurz nach der Hochzeit,
dass sie einem Blender auf dem Leim gegangen ist. Erst zwei Jahre nach der
Geburt ihrer Tochter schafft sie den Absprung. Sandra zieht mit der Kleinen als
Pflegerin für die schwerbehinderte Rebekka in deren Haus. Alle Hoffnung auf ein
neues Leben zerbricht, als sie dort nachts überfallen wird. Noch ahnt sie
nicht, dass der wahre Albtraum erst begonnen hat …
Ich habe schon einige Bücher
der Autorin gelesen und ich war jedes Mal begeistert. Zu Beginn hatte ich ein
klares Bild vor Augen, ich dachte ich wusste genau was passieren würde. Doch
ich wurde eines Besseren belehrt. An sich beginnt die Geschichte etwas ruhig,
ich lernte alle Charaktere genauer kennen. Sandra war mir erst sympathisch, das
änderte sich aber im Laufe des Buches. Beim Weiterlesen war ich dann hin- und
hergerissen, was ich von dem Roman halten soll? Er hat mich zum Teil gut unterhalten,
zum Teil aufgeregt. Auch mit den Charakteren konnte ich nicht so richtig
Freundschaft schließen und die vielen Klischees und veralteten Ansichten haben
mich sehr gestört. Sandra war keine Person mit der ich mich identifizieren
konnte, sie regte mich auf in ihrer Naivität und Hilflosigkeit. Weil ich so ein
ganz anderer Typ bin, legte ich das Buch wütend weg und sagte zu meinem Mann
und zu meiner Kollegin, ein Krimi ist das nicht, höchstens eine kritische
Gesellschaftsstudie, keiner der tot aufgefunden oder verschwunden war. - Bis
wirklich fast zum Schluss! Auf den letzten Seiten änderte es sich dann
plötzlich…
"Einsame Nacht" von Charlotte Link:
(Kate Linville-Reihe; 4)
Das ist der 4. Band der Kate
Linville-Reihe, der wir in dem Roman „Die Betrogene“ zum ersten Mal begegnen. Eigentlich
Ermittlerin in London bei Scotland Yard, kehrt sie in ihren Heimatort
Scarborough zurück, da ihr Vater, früher auch Ermittler, brutal ermordet worden
ist.
Inzwischen lebt sie in ihrem
Elternhaus in Scarboroug. In „Einsame Nacht“ wird eine junge Frau in einer Winternacht brutal erstochen in ihrem Wagen
aufgefunden. Ihr Freund gilt als Tatverdächtiger, doch der ist verschwunden.
Die Polizei ist ratlos - und dann tauchen auch noch weitere Tote auf…
Der
Einstieg ist spannend, denn in einem kurzen Prolog wird man Zeuge eines
furchtbaren Anschlags, ein Cold Case, in dem Caleb Hale damals ermittelte und
der nie gelöst wurde. Die eigentliche Geschichte beginnt dann 9 Jahre später
und natürlich ist klar, dass es einen Bezug zu dem Opfer des Prologs geben
wird, aber es braucht lange, bis dieser dann wirklich offensichtlich wird. Es
gibt mehrere Erzählstränge, die nebeneinander laufen - zum einen den mit dem
Mord an der jungen Frau, in dem Falle wird der Partner verdächtigt, dann einen,
bei der die Pflegekraft Mila verschwindet und die ihr anvertraute Patientin
verstirbt. Ein letzter Erzählstrang spielt in einer Partnerschaftsagentur, bei
der das erste Mordopfer einen Kochkurs belegt hatte.
So
erzählt Charlotte Link mehrere Geschichten, die sie dann wie einen Zopf am Ende
zusammen flicht. Als geübte Krimileserin überlegt man natürlich, wie diese verschiedenen Handlungsstränge
zusammenhängen könnten. Nach und nach gibt es immer wieder Hinweise und
letztlich klärt sich alles auf.
"Planck oder als das Licht seine Leichtigkeit verlor"
von Steffen Schroeder:
Ich
kenne den Autor als Tom von der Serie SOKO Leipzig. Dass er schreibt, erfuhr
ich bei „DAS!“, wo er auf dem roten Sofa saß. Steffen Schroeder versetzt sich
in die Gedankenwelten von Max Planck, Albert Einstein und ihren Söhnen Erwin
und Eduard. Sein Buch läuft zwar unter dem Genre des Romans, ist
jedoch weit mehr als das. Auf Basis belegter Zeitzeugnisse und Geschehnisse
erzählt es die Geschichte vor allem der Söhne von Max Planck und Albert
Einstein im letzten halben Jahr des Zweiten Weltkriegs. Sowohl Erwin Planck als
auch Eduard Einstein standen im Schatten ihrer berühmten Väter. Aus ihrem Leben am Ende des Zweiten Weltkriegs erzählt
er persönliche und ergreifende Ereignisse.
Es
waren dunkle Zeiten, die Max Planck im Jahr 1944 durchstehen musste. Kurz
nach dem gescheiterten Attentat auf Adolf Hitler am 20. Juli hatte man
seinen Sohn Erwin verhaftet. Man beschuldigte ihn, Mitverschwörer des Anschlags
gewesen zu sein. Erwin Planck war tatsächlich in den Umsturzversuch involviert.
Was das bedeutete, war klar: ein Todesurteil, das nur noch durch einen
Scheinprozess bestätigt werden musste. Max Planck drohte das Schicksal, sein
letztes Kind zu verlieren. Parallel dazu schwenkt Schroeder nach Burghölzli in
die Schweiz. Dort befindet sich Eduard
Einstein in der psychiatrischen Heilanstalt und arbeitet seine Beziehung zu
seinem berühmten Vater auf, der in die USA ausgewandert ist und kaum mehr
Kontakt zu seinem Sohn pflegt.
Über die Erzählung der beiden
Familientragödien erhält man einen kurzweiligen und teilweise fesselnden
Einblick in die Biografien zweier weltberühmter Wissenschaftler und ihrer
Söhne.
Weihnachtsbonus:
"Jacks wundersame Reise mit dem Weihnachtsschwein" von J.K. Rowling:
Rowling, die Erfinderin der
Harry Potter Reihe, nimmt uns mit auf eine Reise ins Land der Verlorenen, wo
Jack sein Lieblingskuscheltier zurückholen will. Eigentlich kommt in dieses
Land niemals ein Mensch, doch es ist die Nacht der Wunder, die Heilige Nacht,
in der Jack die Reise antritt.
Jack war noch sehr klein, er
konnte gerade so sprechen, da bekam er ein Kuschelschwein und nannte es Swein.
Es war klein und rosa, war mit raschelnden Bohnen befüllt und hatte süße
Knopfaugen und begleitete Jack von nun an überall hin. Die Jahre vergingen,
Swein verlor die Knopfaugen, die Farbe verblasste und ein Ohr war abgeknickt.
Aber Jacks Mum ist Krankenschwester. Sie operierte Swein und nähte neue Augen
an. Sie legte sogar eine Krankenakte an mit dem Text: „DS.
Knopfaugenbefestigungsoperation.“ Seit dem hatte Swein den Namen DS = Das Swein.
Jack wurde größer und wenn er
aus der Schule kam, erzählte er DS alles, DS hörte ihm immer zu. Und dann kam
ein trauriger Tag. Jacks Eltern trennten sich und Mum zog mit ihm zu den Großeltern und Jack musste
auf eine andere Schule. In der Schule war es dann gar nicht so furchtbar, denn er
hatte eine wunderschöne Viertklässlerin als Lesepatin, Holly, die alle bewunderten.
Auch Hollys Eltern trennten sich und nach dem Ende des Schuljahres kam sie auf
eine andere Schule und sie verloren sich aus den Augen.
Eines Tages brachte Jacks Mum Brendan
mit. Seine Tochter war Holly. Doch Jack wollte seine Mum nicht teilen und Holly
nicht ihren Dad. Weihnachten kam es dann zur Tragödie. Holly warf während sie
im Auto von Jacks Grandpa fuhren, DS aus dem Fenster in den Schnee. Jack schrie
und tobte. Granpa rollte auf den Standstreifen und lief im Schneetreiben zurück,
um DS suchen. Doch DS war verschwunden. Holly, der alles furchtbar leidtat,
besorgte ein neues Kuschelschwein für Jack. Es sah aus wie Swein damals als es
neu war. Aber dieses Weihnachtsschwein wollte Jack nicht, er wollte sein DS!
Und so bricht Jack zusammen mit
dem neuen Weihnachtsschwein auf in das Land der Verlorenen um DS zu suchen…
AS
Wer das Lesecafé gern einmal live
sehen möchte, kann gern im in
unserer Stadtteilbibliothek in Groß Klein vorbei schauen.
Das nächste Lesecafé findet im März 2023 statt. Ein genauer Termin wird noch bekannt gegeben.
Wir freuen uns
auf Ihren Besuch!