Literarisches Erbe

Vergangenes Wochenende feierten die Karl May-Festspiele in Bad Segeberg ihren Saisonabschluss. Zu den Aufführungen waren dieses Jahr insgesamt 406.925 Menschen gekommen: Rekord! Doch damit hält die Debatte um den vielleicht beliebtesten deutschen Romanhelden an.

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Falls Sie es verpasst haben: Im August erschien der Kinderfilm
„Der Junge Häuptling Winnetou“, zu dem der Ravensburger-Verlag parallel Bücher veröffentlichen wollte. Daraus resultierte eine Debatte, um kulturelle Aneignung, Rassismus, klischeehafte Stereotype, Diskriminierung und die generelle Frage, wie man mit dem literarischen Erbe von Karl May umgeht. Ravensburger zog die geplanten  Kinderbücher zurück, der neue Film läuft weiter in den Kinos und die Empörungswelle rollte, sowohl in die eine Richtung (Woke), als auch in die andere (Cancel-Culture).

Während die deutsche Kulturlandschaft diskutiert und Alexanders Klaws (spielte Winnetou bei den Festspielen) und Bully Herbig (drehte „Der Schuh des Manitu“) zum Rapport gebeten werden, kommt die wichtigste Stimme viel zu kurz: die der „Native Americans“, der indigenen Bevölkerung Nordamerikas. Da hilft es auch wenig, lieber Spiegel-Online, dass man ein Interview mit einem Lipan-Apachen führt, es aber hinter einer Paywall versteckt…

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Bei uns zur Ausleihe

Wer definitiv nicht zu Wort kommen kann, sind die Elben aus Mittelerde. Während man die Bücher Karl Mays dafür kritisiert, dass sie eine verzerrte, historische Realität widergeben und inhaltlich nicht mehr zeitgemäß sind, wird der frisch gestarteten Amazon-Serie „Die Ringe der Macht“ vorgeworfen, dass sie die fiktive Welt von J. R. R. Tolkien zu sehr verändert, weil sie zeitgemäß sein möchte.
So stoßen sich angebliche Tolkien-Fans daran, dass Schwarze Schauspieler Elben, Zwerge und Haarfüße (Vorgänger der Hobbits) mimen. Drachen, Trolle, Zauberei … aber bei Schwarzen Elben, da hört die Fantasie auf. Auch der Aspekt, dass mehrere weibliche Charaktere im Fokus stehen und die Handlung aktiv vorantreiben, wird im Internet tatsächlich bemängelt, da die Damen in Tolkiens Werken sonst fast nur als romantisches Beiwerk fungieren.

Es ist nicht das erste Mal, dass Klassiker von der Zeit eingeholt werden und man vor der Frage steht, wie man mit ihnen umgehen sollte. Persönlich halte ich nichts von pauschalen Verboten und Verunglimpfungen der Autoren. Manchmal genügt eine kleine Anpassung, wie bei Pippi Langstrumpf, deren Vater nicht mehr „Negerkönig“, sondern „(Südsee)könig“ ist. Reicht dies nicht, dann sollte man über den historischen Kontext aufklären. Dies bietet die einmalige Gelegenheit die Leser für problematischen Inhalte zu sensibilisieren und im besten Fall sogar deren Interesse zu wecken, sich darüber hinaus mit dem Thema auseinander zu setzen.

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