Die Erinnerung auffrischen...


Sie haben es vielleicht mitbekommen: nach wochenlanger Schließung wegen Bauarbeiten, öffnete diesen Montag wieder unsere Stadtteilbibliothek in Warnemünde. Was Sie hingegen nicht mitbekommen haben dürften, dass zuvor auch die internen Büroräume in der Zentralbibliothek renoviert wurden. Dies hatte zur Folge, dass sich manche Kollegen/innen mit den Auswucherungen ihres Schreibtisches auseinandersetzen durften…

Die Ausrufe: „Oha!“, „Ach, da ist ja…“ und „Wie kommt das hier…“ dürften jedem bekannt vorkommen, der sich schon mal einer ähnlichen Aufgabe gegenüber sah. Die längst vergessenen Dinge, die bei solchen Aktionen zu Tage gefördert werden, können einen nicht nur ins Staunen versetzen, sondern auch zum Schmunzeln bringen. So geschehen bei einer unserer Bibliothekarinnen, als sie die Texte von Grundschülern aus dem Jahre 1994 zum Thema „Lesen“ wiederentdeckte.

Foto: privat
Aber lesen Sie selbst:

„Die Kinder, die noch nich so gut lesen können, sollten richtige Bücher lesen! Die Kinder, die aber schon gut lesen können und schon viele Bücher gelesen haben, könnten sich erlauben, Comix zu lesen. Trotzdem, finde ich, daß es egal ist, ob man mit Comix lesen lernt oder mit Büchern lesen lernt, es ist ja schließlich die gleiche Schrift, die wir da lesen.“ – Peter


„Wenn ich Ärger mit meinen Eltern bekomme, bin ich sauer. Dann nehme ich ein Buch zur Hand und lese. Danach bin ich happy.“ – Stephanie

„Wenn ich nicht lesen könnte und meine Großeltern mir einen Brief aus dem Urlaub schreiben würden, das wäre ganz schön schlimm.“ – Steffi

„Wenn du nicht lesen könntest und dich verlaufen hättest, dann könntest du nicht einmal die Straßenschilder lesen, oder du liegst im Krankenhaus und willst ein Buch lesen, und noch vieles mehr könntest du nicht machen.“ – Hannes

„Mir macht Lesen Spaß, weil man was Neues erfährt, und weil man es sich vorstellen kann und nicht sieht wie beim TV. Wenn man sich festgelesen hat, kann man sich nicht mehr losreißen. […] Kindern, die nicht lesen können, geht es wirklich schlecht. Wenn ich nicht Lesen könnte, wäre ich sehr schlecht dran, ich könnte, wenn ich größer bin, nicht ein Anmeldeformular schreiben.“ – Robert

Und damit, lieber Robert, wären wir leider beim ernsten Teil dieses Blog-Beitrages angelangt…

Ungefährer Eindruck von funktionalem Analphabetismus
(Bild: ichance)
Nach einer Studie von 2011 sind rund 7,5 Millionen Erwachsene Deutsche funktionale Analphabeten, d. h. Personen, die zwar einzelne Sätze oder Wörter lesen und schreiben können, jedoch Schwierigkeiten haben zusammenhängenden Texte verstehen. Hiervon werden über 2 Millionen sogar als vollständige Analphabeten eingestuft. Die Gründe hierfür sind vielschichtig. Seit 2016 läuft daher die vom Bildungsministerium ausgerufene „Dekade der Alphabetisierung“, in der Konzepte und Projekte zur Lese- und Schreibförderung unterstützt werden sollen. Aber gerade für Erwachsene ist die Offenbarung als Hilfesuchender mit Angst und Scham verbunden, wird Lesen und Schreiben von der Gesellschaft doch als alltäglich und selbstverständlich erachtet.

Auch mir persönlich ist das Thema erst wieder durch die Texte der Kinder vor Augen geführt worden.
Erinnern Sie sich noch an den Kino- und TV-Spot, in dem der Lagerarbeiter Rupert ein Regal zum Einsturz brachte, weil er das „Beladen verboten“-Schild nicht lesen konnte? Die mediale Kampagne „Schreib dich nicht ab. Lern lesen und schreiben.“ des Alfa-Telefons startete 1999.
Damals war die Rede noch von 4 Millionen Analphabeten...



Anlaufpunkte für Informationen und Hilfe sind:

Und denken Sie daran: Die Leseförderung für die zukünftigen Erwachsenen, unsere Kinder, beginnt schon mit dem Vorlesen!
Ein Glück, dass unsere Bibliothek von vielen ehrenamtlichen Lesepaten unterstützt wird, um regelmäßig Vorleseveranstaltungen anbieten zu können.
Ein herzliches Dankeschön dafür!

Natürlich bieten wir Ihnen in unserem Medienbestand ein vielfältiges Angebot an Sachliteratur zum Thema Lesen, Leseförderung und Erschließen von Texten und Kinderbüchern für das erste Lesealter oder fürs Lesen zu Zweit sowie zum Lesen mit Silben an.

SeSa

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