Zurzeit läuft in der Rostocker Kunsthalle eine interessante Ausstellung zu
einer der beliebtesten Modezeitschriften der ehemaligen DDR. Ich kann mich noch
gut daran erinnern, wie froh und glücklich ich war, wenn ich eines der
begehrten, limitierten Exemplare am Zeitungskiosk ergattern konnte.
1956 als
Frauenzeitschrift gegründet, entwickelte sich die „Sibylle“ von der „bloßen“
Modezeitschrift zu einer anspruchsvollen „Zeitschrift für Mode und Kultur“. Die
Hälfte eines Heftes war der Kultur vorbehalten - berichtet wurde über
Theater, Film, Literatur, Malerei, Grafik, Architektur und Formgestaltung. Auch
Alltags- und Reisereportagen sowie Porträts über Künstlerinnen wurden hier
veröffentlicht.
Der Fotograf Arno Fischer begründete in den 60er Jahren mit den
ersten Serien, die er für die Zeitschrift erarbeitete, eine neue Art der
Modefotografie. Er zeigte in seinen Fotos moderne, selbstbewusste, unabhängig
wirkende Frauen in Alltagssituationen. Einer der leidenschaftlichsten
Modefotografen dieser Zeit war auch Günter Rössler.
Ab Mitte der siebziger Jahre bestimmten
ambitionierte Frauen wie Sibylle Bergemann und Ute Mahler den fotografischen Stil. Mit der internationalen Anerkennung der DDR
kamen auch mehr Informationen über internationale Trends über die „Mauer“, die
sich in den Fotografien widerspiegelten. Oft wirkten die Dargestellten
nachdenklich und distanziert, selten fröhlich und unbeschwert. Sie sollten die
Betrachter(in) nicht für die Mode vereinnahmen und sie zum Konsum verleiten...
Vielmehr diente die Modefotografie in der DDR der Interpretation eines Lebensgefühls und demonstrierte mitunter Distanz bis hin zur Ablehnung staatlicher Vorgaben.
Vielmehr diente die Modefotografie in der DDR der Interpretation eines Lebensgefühls und demonstrierte mitunter Distanz bis hin zur Ablehnung staatlicher Vorgaben.
"Die Modefotografie in der 'Sibylle' wirkte auf den ersten
Blick realistisch. Sie gab vor, das alltägliche Umfeld abzubilden. Aber das
täuschte. Die graue Wirklichkeit wurde nur allzu gern ausgeblendet. Man zeigte
lieber eine harmonische Welt, sauber und freundlich, und eine Mode, die unter
den Bedingungen des rauen Alltags in der DDR kaum trag- und realisierbar war...
Aber wie in westlichen Zeitschriften auch vermittelte die Modefotografie in der DDR
die Illusion, dass Träume erfüllbar wären, und auch die Leserinnen diesseits der
Mauer nutzten gern die Möglichkeit, dem Alltag zu entfliehen und in schöne
Bildwelten abzutauchen."
Weitere Fotokünstler, die das Erscheinungsbild der
Zeitschrift bis zu ihrer Einstellung 1995 prägten, waren u. a. Roger Melis, Werner Mahler, Steffi
Graenitz sowie der „stets provokante“ Sven Marquardt
in den neunziger Jahren.
Sibylle - DDR-Modefotografie (möchte ich entleihen)
Sibylle - DDR-Modefotografie (möchte ich entleihen)
Bild: Lehmstedt Verlag |
AH
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