11 September 2024

Neues aus dem Lesecafé Groß Klein

 In der letzten Woche (am 04. September 2024) fand das vierte Lesecafé in diesem Jahr in unserer Stadtteilbibliothek in Groß Klein statt.

Auch dieses Mal wurde wieder eine interessante Mischung zusammengetragen, die wir Ihnen an dieser Stelle gern vorstellen möchten:


Bernstein, Lilly: Sturmmädchen

Bild: Ullstein Verlag
Elli, Margot und Käthe sind drei Freundinnen, die in einem Dörfchen in der Eifel, in der Nähe von Monschau gemeinsam aufwachsen. Elli und Käthe leben dort, Margot lebt in Aachen. Ihre Familie besitzt ein Ferienhaus, wo sich Margot jedes Wochenende und in den Schulferien mit ihren Freundinnen treffen kann. Die drei Freundinnen haben sich ewige Freundschaft geschworen. Bis die Nazis an die Macht kommen. Margot ist jüdisch. Die Familie führt ein Geschäft und leidet schon früh unter den Repressalien der Nazidiktatur.

Elli lebt mit ihrer Mutter in einem alten Bachhäuschen auf einem Bauernhof. Käthe ist sehr angetan von den Nazis. Sie engagiert sich bei den nationalsozialistischen Frauen und bricht jeden Kontakt zu Margot ab.

Da sich früher beide Freundinnen rührend um Elli kümmerten, die mit einem verkümmerten Fuß als Hinkemädchen nicht immer folgen kann, fühlt sich diese nun Margot verpflichtet zu helfen. Sie und ihre Familie wurden in einem Judenhaus untergebracht, wo sie unter sehr engen Bedingungen hausten, schlechtes Essen erhielten und jeden Tag bis zum Umfallen arbeiten mussten.

Letztendlich wird das Freundschaftsband der drei jungen Mädchen Elli, Margot und Käthe durch die Gräueltaten der Nazis zerrissen. Doch während sich Käthe den Nazis zu wendet, erfährt Margot und ihre Familie unfassbares Leid und nur Elli versucht ihrer jüdischen Freundin Margot bei zu stehen...

 


Westermann, Christine: Die Familien der anderen

Bild: KiWi
Christine Westermann spricht über die Lust zu lesen. Und damit eng verbunden über die Neugier auf das Leben der anderen. Mit ihrem neuen Buch erlaubt sie einen Einblick ins eigene Leben. Und in die vielen Bücher, die darin vorkommen. Die Autorin wirkt dabei stets authentisch und nahbar. So berichtet sie beispielsweise von ihren Selbstzweifeln, dass sie sich im Literarischen Quartett kleiner fühlte als die anderen drei Teilnehmer oder wie ihre lesbaren Buchtipps in der Jury für den Deutschen Buchpreis überstimmt wurden.

Ähnlich wie bei Frau Heidenreich in „Hier geht´s lang“, ist auch dieses eine Bücherbiografie. Frau Heidenreich kommt auch nebenbei vor, die sie nur immer „Die Schöne“ nannte, was Christine Westermann klein machte, sie fühlte sich nur auf ihr Aussehen reduziert. Dabei hat sie das nicht nötig, denn es zeichnet Christine Westermann aus, dass sie sich nie herausnahm andere klein zu machen und interessant fand ich auch ihr Verhältnis zu ihrem Vater, der sehr viel älter als die Mutter und sehr belesen war und sie war traurig darüber zu wenig Zeit und niemals Erwachsenenzeit mit ihm verbringen zu können. Ihr Vater war 60 als er ihre Mutter mit 21 kennenlernte, als sie 13 war starb ihr Vater und die Beziehung die so innig war, wurde gekappt.

Ihr Vater war in Erfurt der Theaterdirektor, doch kam er mit der sozialistischen Staatsführung nicht so klar, 1953 floh er in den Westen nur mit einer Aktentasche nach Mannheim. Die Familie folgte ein wenig später, viel mitnehmen konnte man nicht, denn man durfte nicht auffallen. Freunde brachten immer mal Bücher aus seinem eigenen Bestand zu Besuchen mit, so dass Christine so einige Bücher des Vaters mit Bemerkungen an der Seite in seiner schönen Sütterlin Schrift hat. Nur an den dicken Zauberberg traute sie sich lange nicht ran und lässt uns hier in ihrer Biografie nun daran teilhaben.



Winkelmann, Andreas: Hast du Zeit?

Bild: rororo
Die Krankenschwester Conny Goldmann fühlt sich beobachtet und verfolgt. Ihre Freundin und Kollegin Michelle versucht ihr zu helfen. Sie bittet ihren Vater, einen pensionierten Polizisten, um Unterstützung. Dieser kann nichts tun, Conny wird getötet. Einige Tage später wird die Schornsteinfegerin Felicitas Möller entführt und ist verschwunden. Ihre Partnerin Lilly Costanzo will sich damit nicht abfinden und ermittelt auf eigene Faust. Michelles Vater, Lars Erik Grotheer findet heraus, dass es noch mehr spurlos verschwundene Menschen gibt. Wird er eine Verbindung herstellen können? Zeit ist das bestimmende Thema der Handlungen. Den Hauptfiguren Lilly und Lars Erik Grotheer scheint sie auf der Suche nach dem Täter davonzulaufen. 

 

 

Was haben eine Bestatterin, eine Krankenschwester, eine Schornsteinfegerin, ein Paketfahrer und ein Busfahrer gemeinsam? Weshalb sind sie spurlos verschwunden?
 

Auf der Suche nach der Antwort kommen Lilly und Lars Erik dem Täter gefährlich nahe. Zwischendurch kommt auch der unbekannte Täter zu Wort. Er schildert, dass er seine Opfer auf einer Liste notiert hat. Er ist überzeugt, dass sie alle ihm Zeit gestohlen haben und dafür bestraft werden müssen. Der Autor legt verschiedene Fährten, die er am Ende gekonnt zusammenführt. Wie immer überzeugt Andreas Winkelmann von der ersten Seite an durch atemlose Spannung. Ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen.


Winkler, Yvonne: Ärztin einer neuen Ära
Hermine Heusler-Edenhuizen – Sie kämpfte für das Wohl werdender Mütter und für ihre große Liebe


Bild: Piper

Hermine Edenhuizen war mir nicht bekannt, nach der Lektüre war ich begeistert von ihrem Leben.

Als erste zugelassene Frauenärztin geht sie ihren Weg

Dieses Buch wollte ich unbedingt lesen, nachdem ich den Klappentext gelesen habe. Eine junge Frau, die unbedingt Abitur machen und studieren möchte, in einer Zeit, wo das praktisch nicht möglich war. Und trotzdem ist Hermine diesen steinigen Weg gegangen und hat es am Ende geschafft. Es ist wirklich unglaublich zu lesen, was sie alles aushalten musste, um ihr Ziel zu erreichen. Und dann verliebt sie sich auch noch in einen verheirateten Mann und tut alles, damit sie keine Ehe zerstört. Doch Dr. Otto Heusler ist ihr genauso verfallen, wie Hermine ihm. S
ich in der damaligen Zeit scheiden zu lassen, ist wirklich ein Gewaltakt gewesen und man wurde als Frau verpönt, weil man einer anderen Frau den Mann weggenommen hat. Dabei hat Hermine eigentlich gar nichts getan, sondern sich gegen ihre Gefühle gewehrt.

Der Lebensweg von Frau Dr. Hermine Heusler-Edenhuizen hat mich wirklich fasziniert, es ist alles zwar etwas nüchtern erzählt, aber es zeigt auch sehr gut auf wie stark diese Frau war, die sich auch für die Frauenrechte in der damaligen Zeit eingesetzt hat. Wäre sie nicht gewesen würden wir vermutlich noch nicht dastehen wo wir heute sind. Schon faszinierend! Richtig gut haben mir auch die Fallbeispiele über Patientinnen gefallen von denen hier berichtet wurde. Auch die relativ kurzen Kapitel animieren einen ständig weiterlesen zu wollen.

Ich werde diese interessante Frau nicht so schnell vergessen und werde auch noch nachhaltig lange davon beeindruckt bleiben. 

 


Wolf, Klaus-Peter: Der Verdacht
(Ein mörderisches Paar; 2)

Bild: Fischer Taschenbuch Verlag
Für die finale Beseitigung von Dr. Bernhard Sommerfeldt wurde eine Belohnung von 10 Mio. EUR ausgesetzt. Leider wusste Markus Baumann aus Meppen nichts davon, sonst hätte er sich nicht als Dr. Sommerfeldt an die Frauen rangemacht. Und nun steht ein Killer vor ihm ...

Der 2. Teil von "Ein mörderisches Paar" ist da.

Im 1. Teil in dem Dr. Sommerfeldt wieder auftauchte, mit Frauke, der Mietfrau aus „Rupert Undercover“, stirbt ein 13-jähriger Schüler an einer Überdosis Heroin. Sein Dealer wird vor Gericht freigesprochen. Dr. Bernhard Sommerfeldt, Besitzer der Privatklinik hinterm Deich, entschließt sich, den Drogenboss an der Spitze und sein ganzes Syndikat zu eliminieren ....

Die Belohnung lockt so einige an, zum Beispiel zwei Schwestern Semanta und Claudia, die auch Jagd auf Sommerfeldt machen, denn sie wollen die 10 Mio. Euro. Auch der Profikiller Johann Baptist Reichhardt, der Sommerfeldt ebenfalls erledigen will, der hat auch den Kopfgeldauftrag vom Drogenboss.

Ich empfehle, vorab die Sommerfeldt-Trilogie und den 1. Band der Trilogie "Ein mörderisches Paar" („Das Versprechen") zu lesen, weil die Handlung sich über die Bände hinweg fortsetzt. Die Sommerfeldt-Krimis hängen außerdem lose mit den Ostfriesenkrimis zusammen, denn es treten teils dieselben Personen auf, z.B. Kommissarin Ann Kathrin Klaasen und ihre Kollegen. Die Ostfrieslandkrimis muss man aber nicht zwingend gelesen haben, um die Sommerfeldtkrimis verstehen zu können.

Dieser Band bot - wie von den Sommerfeldtkrimis gewohnt - wieder ein herrliches Lesevergnügen. Die Handlung ist wendungsreich und immer wieder wird man überrascht. Auch die mitwirkenden Personen sind fast immer irgendwie sympathisch, besonders Dr. Bernhard Sommerfeldt, man kann gar nicht anders, als ihm viel Erfolg bei seinem Versteckspiel vor der Polizei und den Profikillern zu wünschen.

 



Willmann, Frank: Der Pate von Neuruppin 

- Vom Imbisswagen zum Drogenimperium -

Bild: Tropen
Im Jahr 1990 eröffnen ein paar Jugendfreunde eine Imbissbude, mit dem Gewinn werden Spielautomaten gekauft und in Gaststätten aufgestellt. Die Geschäfte gehen gut, da es in Neuruppin kein Fitnessstudio gibt, wird eins eröffnet. Der Kampf ums große Geld nimmt Fahrt auf, als nächstes wird ein Puff eröffnet und danach eine Großraumdisco. Mit der Disco beginnt der Einstieg ins Drogengeschäft und Städte wie Potsdam und Berlin werden mit Kokain aus Amsterdam beliefert.

Da die Mitglieder der Bande ein XY im Autokennzeichen haben werden sie dann als die XY-Bande bezeichnet. Das alles ging 14 Jahre gut und dann 2004 erfolgte die Verhaftung und der Prozess begann.

Alles geschah nicht in Palermo, sondern in der brandenburgischen Provinz, in Neuruppin.

 

 

Kolvenbach, Katharina und Batram, Nina: Früher war mehr Verbrechen
- Historische Kriminalfälle aus dem erfolgreichen Podcas -

Bild: Droemer
Kriminalfälle in der Zeit zwischen 1613 und 1909 als Spiegelbild der jeweiligen gesellschaftlichen Verhältnisse und den bestehenden Möglichkeiten und Fähigkeiten der Ermittler.

Fälle von Kannibalismus, Hexenverfolgung, Mord und Serienmord. Bekannte Fälle und Täter, wie zum Beispiel Jack the Ripper oder ein Fall, der Tod von Hazel Drew, der die Inspiration für die berühmte Fernsehserie aus 1990 „Twin Peaks“ lieferte.

Auch der Fall Grete Beier ist etwas Besonderes, es war die letzte Vollstreckung eines Todesurteils an einer Frau in Sachsen.

Die dargestellten Fälle gehen rund um die Welt, von Amerika über Europa bis nach Australien.

 

 


Geiger,
Arno: Reise nach Laredo (demnächst im Bestand)


Bild: Hanser
Die „Reise nach Laredo“ hat einen historischen Rahmen. König Karl V., aus dem Geschlecht der Habsburger, Kaiser des Heiligen Römischen Reiches und als Karl I. König von Spanien (1500-1558) zieht sich Mitte des 16. Jahrhunderts sowohl als König von Spanien als auch Deutscher Kaiser zurück und lebt fortan im Kloster Yuste in Nordspanien. Der Ex-Kaiser, Ex-König sucht nach Vergebung, nach Einheit mit seinem Gott, nach Vergebung und Erlösung. Karl ist krank, die Gicht macht ihn (eigentlich) bewegungsunfähig.

Als sein 11jähriger unehelicher Sohn Geronimo, der in der Nähe bei einer anderen Familie untergebracht ist und nichts über seine Herkunft weiß, vorlaut über die Hecke klettert und ohne Berührungsängste beginnt, den Alten zu befragen, bekommt die Geschichte Flügel.

Die Beiden fliehen bei Nacht, auf geht‘s, auf Pferd und Maultier nach Laredo an die nordspanische Küste. Keine Logik, kein Warum – einfach der Geschichte folgen. Mitte des 16. Jahrhunderts zu reisen, als normaler Mensch und nicht als Kaiser oder König, ist beschwerlich. Hygiene, Versorgung, Tempo, Sicherheit. Vergesst es. Karl und Geronimo treffen auf Honza und Angelita, die beiden jungen Leute, auch fast noch Kinder, sind Cagots, Ausgestoßene, die an ihrer Kleidung einen Enten- oder Gänsefuß tragen müssen. Sie haben einen Wagen, von Maultieren gezogen, sind Fuhrleute.

Endlich kann Karl seine gichtigen Glieder vom Maultier hieven. Das Leben ist gefährlich, ärmlich, und der Mensch ist der Natur und dem göttlichen Willen vollständig ausgesetzt. Aufklärerische Ansätze, Reformation oder gar Gegenreformation sind in die nordspanische Pampa noch nicht geraten. Es gilt das Gesetz des Stärkeren, das harte Leben, der Dreck, die Armut werden mit Alkohol und Glücksspiel betäubt – und für Karl gibt es manchmal auch ein Schlückchen Laudanum.

Karl lebt auf Knien vor seinem Gott. Er kämpft mit Fragen, die durch seinen verwirrten Kopf flattern. Er verurteilt sich, er hinterfragt sich und seinen Gott, er zweifelt. Aber - er erlebt Momente der Ruhe, Freude und Gelassenheit, kommt in flüchtigen Momenten im wahrsten Sinne zu sich selbst.


„Das Leben – es ist ein Taumel. Amen.“

 


Erpenbeck, Jenny: Kairos


Ausgezeichnet mit dem International Booker Prize 2024


Bild: Penguin Verlag

Die Liebe in Zeiten der Auflösung

Ostberlin, 1986. Zufällig stoßen die 19-jährige Katharina und Hans im Bus aufeinander.

Hans ist 34 Jahre älter und lange verheiratet. Zwischen den beiden entbrennt eine intensive Beziehung, die durch das ständige Heimlichgetue einen großen Reiz entwickelt und komplett überhitzt, geradezu hysterisch wird. Wenn sie gemeinsame Zeit haben, sprechen die beiden über Musik und Literatur, sie wird sein Geschöpf.

Sie macht ein Praktikum am Stadttheater Frankfurt/Oder. Manchmal fährt sie für einen einzigen Abend oder eine einzige Nacht nach Berlin, zu ihm. Und doch passiert es. Auf der Probebühne erwischt sie ein One Night Stand. Vadim ist der Verführer. Katharina beichtet stante pede in Berlin. Lässt sich die Haare auf 2mm abrasieren. Die Sünderin.


Knack.

Hans eröffnet eine Sequenz physischer und psychischer Gewalt, Machtmissbrauch und Bestrafung. Er kann ihr nicht verzeihen. Er will ihr nicht verzeihen. Die Sache ist über den Kipppunkt, längst toxisch. Die Reitpeitsche, zu seinem Vergnügen angeschafft, wird zum Folterinstrument. Sie ist am Boden zerstört, was, wenn er sie nun verlässt?



Das nächste Lesecafé findet am Mittwoch, den 04. Dezember 2024 um 15:00 Uhr in unserer Stadtteilbibliothek in Groß Klein statt.

Wir freuen uns auf Ihren Besuch!


AS, US & MB

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